Nötigung § 105 StGB
Wer einen anderen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen (§ 105 Abs 1 StGB).
Die Tathandlung besteht also im Zwingen (nötigen) eines anderen durch Gewalt oder gefährliche Drohung.
Das Ziel einer Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB kann jede Handlung, Duldung oder Unterlassung sein. Strafbar macht sich aber nur der, der eines der beiden besonderen Nötigungsmittel dazu verwendet: Die Anwendung von Gewalt oder eine gefährliche Drohung.
Gewalt
Der Begriff der Gewalt ist im Gesetz nicht definiert. Der OGH definiert Gewalt als Einsatz nicht unerheblicher, unmittelbar oder mittelbar gegen eine Person gerichteter physischer Kraft oder mechanischer (bzw auch chemischer) Mittel zur Überwindung eines wirklichen oder auch nur erwarteten Widerstandes, ohne dass es unmittelbarer Handanlegung bedarf, zB Würgen, Schlagen, Fesseln, Anfahren mit dem Pkw.
Als Mittel zur Willensbeugung nach § 105 StGB genügt jede Art von Gewalt zur Überwindung eines wirklichen oder vermuteten Widerstands, wobei keine besondere Intensität der Kraftanwendung nötig ist. Beispiele: Aus-der-Hand-Schlagen eines Mobiltelefons und Wegreißen einer Visitenkarte; das Erfassen, Festhalten, Ziehen, Zerren und Drehen eines am Finger befindlichen Ringes.
Wenn ein Fahrzeuglenker eine plötzliche Bremsung durchführt und dadurch den Hintermann zum Abbremsen oder Anhalten seines Fahrzeugs veranlasst, ist das Nötigung.
Rein passives Verhalten durch Steh- oder Sitzblockade ist keine Gewalt.
Gefährliche Drohung
Im Gegensatz zur Gewalt ist die gefährliche Drohung im Strafgesetzbuch (StGB) definiert. Eine gefährliche Drohung ist eine Drohung mit einer Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre, Vermögen oder des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Zugänglichmachen, Bekanntgeben oder Veröffentlichen von Tatsachen oder Bildaufnahmen, die geeignet ist, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzuflößen, ohne Unterschied, ob das angedrohte Übel gegen den Bedrohten selbst, gegen dessen Angehörige oder gegen andere unter seinen Schutz gestellte oder ihm persönlich nahestehende Personen gerichtet ist.
Straflosigkeit nach § 105 Abs 2 StGB
Die Tat ist nicht rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet (§ 105 Abs 2 StGB).
Hierzu ist jedoch zu beachten, dass Gewalt fast immer sittenwidrig ist! Gefährliche Drohungen sind hingegen wesentlich häufiger mit den guten Sitten vereinbar.
Es muss beurteilt werden, ob die Mittel-Zweck-Beziehung zwischen dem erstrebten Erfolg und dem angewendeten Mittel sittenwidrig ist.
Die Annahme des Rechtfertigungsgrundes nach § 105 Abs 2 StGB setzt nicht nur voraus, daß sowohl das angewendete Nötigungsmittel als auch der Nötigungszweck den guten Sitten nicht widerstreitet; es muß zwischen beiden auch ein sachlicher Zusammenhang im Sinn einer Mittel-Zweck-Beziehung bestehen. Danach liegt umgekehrt Rechtswidrigkeit ua dann vor, wenn ein qualitatives Mißverhältnis zwischen dem eingesetzten Mittel und dem erstrebten Zweck besteht oder wenn gerade die spezifische Verknüpfung von Mittel und Zweck sittenwidrig ist (11 Os 56/96).
Beispiele aus der Rechtsprechung: Die Androhung einer Strafanzeige ist dann nicht unsachlich, noch stellt es die Ausübung ungerechtfertigten Druckes dar, wenn eine mit der Straftat in Zusammenhang stehende Ersatzforderung durchgesetzt werden soll. Sittenwidrig ist hingegen die Drohung mit einer Strafanzeige, um einen nicht zustehenden Geldbetrag abzunötigen.
Schwere Nötigung § 106 StGB
Wer eine Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB) begeht, indem er
- mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, mit einer Brandstiftung, mit einer Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht,
- die genötigte oder eine andere Person, gegen die sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, durch diese Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder
- die genötigte Person zur Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung oder sonst zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung veranlasst, die besonders wichtige Interessen der genötigten oder einer dritten Person verletzt,
ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Fragen & Antworten zum Thema „Nötigung“
Die Nötigung wird trotz der Strafdrohung bis zu einem Jahr vor dem Landesgericht verhandelt, da dies im Gesetz ausdrücklich so geregelt ist.
Der Unterschied liegt im Ziel des Täters: Bei der Nötigung möchte der Täter sein Opfer zu einem bestimmten Verhalten veranlassen, bei der gefährlichen Drohung soll das Opfer in Furcht und Unruhe versetzt werden.