Leichte Körperverletzung § 83 StGB
Im Strafgesetzbuch (StGB) steht: Wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen (§ 83 Abs 1 StGB). Doch was ist überhaupt eine Körperverletzung? Eine Körperverletzung begeht, wer in die körperliche Unversehrtheit eines anderen nicht ganz unerheblich eingreift und Erscheinungen bewirkt, die allgemein als Verletzungen oder Wunden bezeichnet werden, zB Kratz-, Schnitt- oder Rissquetschwunden, Prellungen, Hautabschürfungen, Blutergüsse. Eine nur kurzfristige Hautrötung ist keine Körperverletzung.
Ebenso ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt (§ 83 Abs 2 StGB). Eine bloße Misshandlung ist noch keine Körperverletzung! Als Misshandlung wird jede Einwirkung physischer Kraft auf den Körper verstanden, die das körperliche Wohlbefinden nicht ganz unerheblich beeinträchtigt, also zB ein Tritt oder ein Stoß. Folgt aus dieser Misshandlung dann eine Körperverletzung, zB weil der Getretene unglücklich fällt, dann ist dies als Körperverletzung strafbar.
Schwere Körperverletzung § 84 StGB
Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen (§ 84 Abs 1 StGB).
Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (Abs. 1) des anderen herbeiführt (§ 84 Abs 4 StGB).
Korrespondierend zu § 83 StGB wird auch bei der schweren Körperverletzung unterschieden, ob die schwere Körperverletzung als Folge einer (vorsätzlichen) Misshandlung (§ 84 Abs 1 StGB) oder einer vorsätzlichen Körperverletzung (§ 84 Abs 4 StGB) eingetreten ist. Im Gegensatz zur leichten Körperverletzung unterscheiden sich beide Begehungsformen stark in der Strafdrohung.
Drei Fälle werden als schwere Körperverletzung gesehen:
- länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung
- länger als vierundzwanzig Tage dauernde Berufsunfähigkeit
- an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof (OGH) kommt es für die Dauer der Gesundheitsschädigung weder auf die Dauer der Berufsunfähigkeit noch (allein) auf die Heilungsdauer, sondern auf den Fortbestand einer pathologischen Veränderung des Körpers an (11 Os 160/93).
Berufsunfähigkeit bedeutet, daß der Betroffene überhaupt nicht oder doch nicht ohne unzumutbare Erschwernisse in der Lage ist, die mit der Ausübung seines Berufes verbundenen wesentlichen Tätigkeiten zu verrichten. Auf die Dauer des vom Verletzten in Anspruch genommenen Krankenstands kommt es nicht an.
Ob eine an sich schwere Verletzung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Wichtigkeit des verletzten Organs, der Schwere des gesundheitlichen Nachteils, der Gefährlichkeit der Verletzung und der Möglichkeit weiterer Folgen für den Verletzten, zu entscheiden. Die Heilungsdauer ist hier grundsätzlich nicht entscheidend.
Beispiele für an sich schwere Verletzungen: fast alle Knochenbrüche (Schädelbruch, Schlüsselbeinbruch, Nasenbeintrümmerbruch, nicht jedoch ein einfacher Nasenbeinbruch), schwere Gehirnerschütterung mit länger andauernder Bewusstlosigkeit, Oberschenkeldurchschuss. Das Ausschlagen zweier gesunder Schneidezähne, mit deren Verlust eine wesentliche Beeinträchtigung der Kaufunktion verbunden ist, stellt eine an sich schwere Verletzung dar.
Eine leichte Körperverletzung an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten, wird immer als schwere Körperverletzung gemäß § 84 Abs 1 StGB gewertet und ist dementsprechend mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht.
Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen § 85 StGB
Noch strenger bestraft wird eine Körperverletzung, wenn es zu schweren Dauerfolgen kommt. Schwere Dauerfolgen sind:
- den Verlust oder eine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit,
- eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung,
- eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen, oder
- eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen, oder
- ein schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit des Geschädigten.
Ist die schwere Dauerfolge aus einer Misshandlung entstanden, beträgt der Strafrahmen sechs Monate bis fünf Jahre, bei einer vorsätzlichen Körperverletzung ein bis zehn Jahre.
Körperverletzung mit tödlichem Ausgang § 86 StGB
Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig dessen Tod herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch fahrlässig dessen Tod herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen.
Absichtliche schwere Körperverletzung § 87 StGB
Wer einem anderen eine schwere Körperverletzung absichtlich zufügt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Für die Verwirklichung dieses Delikts wird eine besondere Vorsatzform gefordert, nämlich die Absichtlichkeit. Es muss dem Täter gerade darauf ankommen, seinem Opfer eine schwere Körperverletzung zuzufügen.
Fahrlässige Körperverletzung § 88 StGB
Wer fahrlässig einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.
Nach der Rechtsprechung ist das Grunderfordernis der Verwirklichung einer fahrlässigen Körperverletzung des § 88 StGB ein im Sinne dieses Deliktstypus objektiv sorgfaltswidriges Verhalten. Darunter ist ganz allgemein ein Verhalten zu verstehen, welches bereits im Zeitpunkt seiner Vornahme die Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung eines anderen objektiv befürchten lässt und dabei den Bereich des vom Recht tolerierten Risikos überschreitet (deliktstypisch sozial inadäquat gefährliches Verhalten). Demnach schließt ein Verhalten, welches sich im Rahmen des erlaubten Risikos bewegt, schon die Zurechnung zum objektiven Tatbestand aus.
Dazu folgendes Beispiel der höchstgerichtlichen Rechtsprechung:
Ein PKW-Lenker, der im Ortsgebiet mit einer Geschwindigkeit von 48 km/h an einem im Haltestellenbereich stehenden, nicht zum Transport von Kindern (Schulkindern) gekennzeichneten Omnibus unter Einhaltung eines Seitenabstandes von 1,5 m links vorbeifährt und mit einem vor dem Omnisbus hervorkommenden, die Fahrbahn zügig querenden zwölfjährigen Kind kollidiert und es dadurch schwer verletzt, handelt, sofern die sonstigen Umstände (Fahrbahnverhältnisse und Sichtverhältnisse, Eigenschaften von Fahrzeug und Lenker, Verkehrstafeln und Hinweistafeln etc) nicht die Wahl einer (geringeren) solchen Geschwindigkeit erfordern, welche einen Anhalteweg ermöglicht, der aus 48 km/h unter optimalen Voraussetzungen erzielbar ist, im Rahmen des erlaubten Risikos und damit objektiv nicht sorgfaltswidrig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Vertrauensgrundsatz nach § 3 StVO auch auf nicht wahrnehmbare Personen erstreckt und ein im Haltestellenbereich stehender Bus für sich allein keine unklare Verkehrssituation darstellt.
In Absatz 2 sind besondere Straflosigkeitsgründe geregelt. Handelt der Täter nicht grob fahrlässig und ist
- die verletzte Person mit dem Täter in auf- oder absteigender Linie verwandt oder verschwägert oder sein Ehegatte, sein eingetragener Partner, sein Bruder oder seine Schwester oder nach § 72 Abs 2 StGB wie ein Angehöriger des Täters zu behandeln,
- aus der Tat keine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit einer anderen Person von mehr als vierzehntägiger Dauer erfolgt oder
- der Täter ein Angehöriger eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes und die Körperverletzung in Ausübung seines Berufes zugefügt worden,
so ist der Täter nach § 88 Abs 1 StGB nicht zu bestrafen.
Die fahrlässige Körperverletzung wird strenger bestraft, wenn der Täter grob fahrlässig handelt, sich vorher berauscht (Alkohol, Suchtgift), oder die Tat eine schwere Körperverletzung zur Folge hat.
Fragen & Antworten zum Thema Körperverletzung:
Nein! Bloße Misshandlungen am Körper sind keine Verletzungen am Körper. Somit auch nicht bloße Beeinträchtigungen des Aussehens. Im Strafrecht gilt das Abschneiden von Haupt- oder Barthaaren nicht als Körperverletzung. Im Zivilrecht hingen schon (Folge: Schadenersatz).
Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben, werden wie Angehörige behandelt, Kinder und Enkel einer von ihnen werden wie Angehörige auch der anderen behandelt.
Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.